Welchen Vorteil hat ein altes Medizinsystem?

Der ständige Wandel einer Gesellschaft spiegelt sich unweigerlich in ihrem medizinischen Denken und Handeln. Auch die moderne Schulmedizin kann sich ethischer, juristischer oder finanzieller Einflüsse nicht entziehen.

Die Geschichte der Chinesischen Medizin reicht über 2000 Jahre zurück, und bis heute haben die alten Klassiker nicht an Bedeutung verloren, sind aber natürlich mannigfach kommentiert, ergänzt und diskutiert worden.
Ein Wanderarzt, der schwer arbeitende Bauern versorgt, sammelt andere Erfahrungen als der Leibarzt eines Kaisers. Ein asketischer Buddhist rät seinen Patienten vermutlich anderes in puncto Lebensführung als ein dem Alkohol selbst nicht abgeneigter Daoist. Das Leben in der trockenen Kälte des Nordens bringt andere Probleme mit sich als die tropische feuchte Hitze des Südens.

Obwohl der Begriff "TCM - Traditionelle Chinesische Medizin" ein über lange Zeit unverändertes, in sich geschlossenes System suggeriert, so ist es doch schier unmöglich, die Fülle an Ideen und Konzepten, samt Geheimlehren und Familien-
traditionen auf einen Nenner zu bringen.
Die Übertragung dieses Wissens in unseren Kulturkreis ist nicht allein mit übersetzerischer Tätigkeit zu lösen, sondern immer auch ein kreativer Akt, bei dem unweigerlich wieder Neues entstehen muss. Aber welchen Preis würde man gerade in der Medizin zahlen, wenn man dem einen einzigen Königsweg zuliebe alle Seitenpfade opfern würde?

Es ist eben genau diese inhomogene Erfahrungswelt, die den Reichtum der Chinesischen Medizin ausmacht. Es gibt wohl weniges, was nicht schon mal irgendwie ausprobiert worden wäre, und das einzige, was man sich als Therapeut zum Vorwurf machen kann ist, wenn man nicht versucht, so tief es geht aus dieser Vielfalt des Wissens zu schöpfen.

Foto Verbotene Stadt